Ein Resümee

18. Dezember 2019 | von Thomas Mehwald | Berlin-Marzahn
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Es gibt diesen Artikel in einer kürzeren und sachlich fokussierteren Version unter https://gangway.de/ein-resuemee/

Ich will ein Resümee und einen Ausblick schreiben. Meine Kernerkenntnisse beschreiben und erste Ideen darstellen, wie wir weitermachen könnten. Da steckt man immmer in der Klemme: wie sieht ein guter Projektabschluss aus und was sind die Dinge, die einem selbst besonders aufgefallen sind?

Am Anfang stand für uns die eigene Ausbildung an der Hardware. Funktionsweisen von 3D Drucker und Laser Schneider verstehen und dabei offen bleiben für Eindrücke, heisst auch simple und eigenartige Dinge herzustellen, je nach Bedarf. In der Arbeit mit dem Laser stellt sich immer wieder der Gedanke ein: mit Licht schneiden. Das ist angewandte Quantenphysik und lädt immer wieder zum Nachdenken und Nachforschen ein. 

Beim Projekt Made in Marzahn geht es darum, grundsätzliche Werkzeuge nutzen zu können, um auf Bedürfnisse einzugehen. Raum und Zeit zu schaffen, um Logik (Verstand), Verbundenheit (Herz) und Intuition ( Bauch) zum Einsatz kommen zu lassen. Das bedeutete oft: einfach wenig vorbereiten und abwarten was passiert. Regelmässig und verläßlich da sein. Schönheit erzeugen. Dafür ist so was wie ein Laser eben gut: exakte Symetrien, feinste Schnitte, bestechende Gravuren. Modular denken lernen, Objekte in ihrer Entstehung denken. Drei Dimensionen in zweien ausdrücken.

Die Werkstatt und die Vorgehensweise rücken langsam in das Wahrnehmungsfeld weiterer Akteure der Kinder- und Jugendarbeit. Als Sozialarbeiter bin ich Teil von Netzwerkrunden von Jugendclubs und anderen Institutionen. Diese nutzen wir, um Veranstaltungen anzukündigen und von der Arbeit zu berichten. Neulich gab es da eine Frage, ob denn der Ansatz gender sensibel sei, wie mit dem Spannungsfeld Mädchen und Technik umgegangen wird. Mir persönlich liegt es nicht, Dinge mit einem Ausschlusskriterium zu gestalten, mein Ansatz ist, offen für alle zu sein. Mädchen brauchen vielleicht manchmal länger, um sich zu trauen, um das Wort zu ergreifen, sich auszudrücken, vor allem, wenn es an einem öffentlichen Ort ist. Wenn es dann aber soweit ist, schlagen sie zu wie ein Falke und beschreiben genausestens was sie wollen. Man kann Angebote nur für Mädchen machen, nimmt ihnen damit aber die Möglichkeit, in ihrer eigenen Art auf die Dinge zuzugehen, sich zu trauen und die Gelegenheit beim Schopfe zu packen.

So geschehen mit Karo neulich. Ihre Schwester hatte einen Hertha BSC Schlüsselanhänger gestaltet, zwei Wochen später sass sie neben mir und wünschte sich einen Elefanten. Wir fanden ein wunderschönes Design im Netz. Dies ist einer der Effekte der Arbeit, man findet wunderbar intelligent und schön gemachte 3D Designs, die von Menschen auf der ganzen Welt geteilt werden. Es ergab sich ein Gespräch über Elefanten, Indien, Bollywood. Witzig dass meine eigene prägende Zeit über knapp fünf Jahre in Indien ablief. Karo ist ein großer Fan von Bollywood Filmen, um die habe ich immer einen großen Bogen gemacht. Der Elefant dauerte knapp eine Stunde und wir hatten Zeit, zu plaudern und uns Dinge zu erzählen. Was für ein klarer und interessierter Geist sie ist. Bis zum nächsten Mal, Karo, wenn du was machen willst, was lernen willst oder einfach nur reden.

Der Charme der Werkstatt scheint auf Menschen zu wirken, ist Anziehungspunkt für gute Ideen, Wissen und Netzwerke, welche zum Nutzen des Kiezes sowie von Jugendlichen und Kinder eingesetzt werden sollen. Mein persönliches Interesse liegt in drei Punkten:

  • die Werkzeuge in der täglichen Streetwork und Sozialarbeit anwendbar zu machen. Ich sehe eine Möglichkeit, es Routine werden zu lassen, Ideen und Vorstellungen mit Technik in Form zu bringen, zur Bewältigung von Problemen und Umsetzung von Visionen einzusetzen. Dafür wäre eine Einführung von Sozialarbeitern in die Logik und Technik sinnvoll. Für 2020 ist im Sozialpädagischen Fortbildungsinsitut Berlin Brandenburg ein Seminar zum Thema digitale Technik und soziale Arbeit eingereicht. Ebenso gibt es einen ersten Studenten der sozialen Arbeit, der sich mit dem Gedanken trägt, seine Bachelorarbeit über das Thema zu schreiben. Ob diese Dinge zustande kommen, ist zum jetztigen Zeitpunkt unklar.

  • an Wohngruppen, Hilfen zur Erziehung, Förderschulen heranzutreten. Unsere Haltung gepaart mit der Technik und der Nutzung von open source Software ermöglicht, grundlegende Fertigkeiten in Design und Technik in nicht zu langen Zeiträumen zu erlernen. Das bedeutet, sich ausdrücken zu können und Wege in den selbtstständigen Broterwerb zu erkennen. Die genannten Institutionen sind deshalb interessant, weil es hier um Jugendliche und Kinder geht, die entweder den Eltern oder dem Schulsystem (oder beiden) zu anstrengend sind. Das bedeutet nicht, dass jeder dort die Kapazität hat, von dem Vorschlag zu profitieren, meine Beobachtung ist vielmehr, dass Menschen aus diesen Kontexten oft sehr pfiffig und interessiert sind und dass es möglicherweise genau diese Eigenarten sind, die sie für ihre Eltern und Lehrer zu Quälgeistern machen.

  • Anbieten von Lehrgängen zu quelloffenen und kostenlosen Programmen in der Sozialarbeit als auch im Kiez. Diese dienen zum Entwerfen von 3D Objekten und Vektoren wie zum Beispiel Inkscape und FreeCad, welche als Input für die digitalen Maschinen dienen. Diese sind auf deutsch vorhanden und auf jedem Computer nutzbar.

Die bisherigen Erfahrungen wurden möglich gemacht durch die Förderung des Verbundes offener Werkstätten, finanziert durch die Drosos Stiftung und die Anstiftung. Cameo Laser hat freundlicherweise einen Laser zur Verfügung gestellt. Weitere Mittel flossen aus dem Gewinn des Publikumspreises für die beste Dokumentation bei der Jahreshauptversammlung des Verbundes offener Werkstätten zu.

Gangway bietet die Möglichkeit, diese Dynamiken anzustossen und zu beobachten, wir nutzen einen kostenlosen Lagerraum und die Verwaltung von Gangway. Sehr wichtig sind meine zwei Gangway- Kollegen vor Ort, die sich unterstützend und kritisch mit dem Thema beschäftigen und damit genau die Enerige geben, die so etwas Wachsendes und Lebendiges braucht.

 

Weitergehende Impressionen des Projektes:

https://www.instagram.com/marzahn_gangway/?hl=de

https://www.instagram.com/made_in_marzahn/

https://gangway.de/die-sterne-sind-wunderschoen/