Open Production im Landkombinat

19. Mai 2017 | von Stefan / Tom | Gatschow
Neues

.Über zwei Jahre hat der Aufbau der Offenen Werkstätten des Landkombinat e.V. gedauert, die Ende April mit Workshops, Infoständen, Musik und regionalen Köstlichkeiten eröffnet wurden.

Hier das Video zur Eröffnung ... außerdem haben wir Stefan Raabe ein paar Fragen gestellt:

1. Offene Werkstätten gibt es vor allem in größeren Städten. Was sind eure Beweggründe, Werkstätten auf dem Land zu etablieren?

Wir leben gerne auf dem Land mit allen Freiheiten und Verbindlichkeiten, da es hier ganz andere Möglichkeiten als in der Stadt gibt. Weil wir uns als aktive Gestalter des Zusammenlebens und unseres Arbeitens hier sehen, machen wir einfach die Dinge, die wir für richtig, sinnvoll und zukunftsweisend halten: einen Ort des Zusammenkommens, des gemeinsames Werkelns, des Lernens, des Erfahrungsaustausches, der Selbstversorgung. Auf dem Land geht das gut, weil Flächen und Immobilien bezahlbar sind und Veränderungen, z.B. Rückgang der Landflucht, auch zum Teil politisch gewollt und gefördert werden.

Viele natürliche Ressourcen sind ausreichend verfügbar, so dass ökologisches Leben und Wirtschaften und echte Stoffkreisläufe überhaupt erst möglich werden. Den Industriestahl klammern wir mal aus. Ich denke, man hängt hier weniger am Konsumtropf, ein wenig Bereitschaft auf Luxusverzicht vorausgesetzt, das macht es für mich insgesamt sehr lebenswert.  Technik für Landwirtschaft und Energiegewinnung haben wir im Fokus. Eben weil Nahrungsmittel und Energie auf dem Land nicht nur symbolisch erzeugt werden, und wir uns da andere Richtungen wünschen, als was jetzt der Trend ist.

 

2. Was macht euch zuversichtlich, dass diese Idee auch ankommen wird?

Ich glaube, das ist sie schon. Zum einen die Entwicklung ähnlicher Ideen auch in anderen Teilen der Welt: (l'atelier paysan, Opensourceecologyfarmhack.org, demotech, allpowerlabs, Repair Cafés, Solidarische Landwirtschaft,...). Zum anderen unsere Erfahrungen aus vergangenen Veranstaltungen und Bauaktionen. Haltbare und sinnvolle Technik, DIT (Do it together), Reparieren und nachhaltig Leben und anders Lernen ist in aller Munde, und in unseren Herzen. Meine eigene Technikbegeisterung spielt da natürlich auch mit rein.

3. Welche Nutzer*innen wollt ihr ansprechen, bzw. sprecht ihr an?

Prinzipiell alle, die gern gemeinsam werkeln oder handwerklich etwas lernen möchten. Wir sehen vier verschiedene Bereiche:

  • Leute aus dem Umland, die was lernen oder reparieren wollen (bei den Öffnungszeiten), wobei das sicher nicht so nachgefragt sind wird wie in der Stadt, aber wer weiß. Jeder* Zweite hat eine kleine Werkstatt oder kennt jemanden und die Distanzen sind relativ groß. Unsere Werkstätten sind also eher ein offenes Angebot für die ganze Region.
  • Kurse/Workshops zu gewissen Themen (Solartrockner oder Windrad bauen, Schweißen, Drechseln), um Betrieb und Weiterentwicklung über Teilnahmergebühren zu finanzieren.
  • Projekte mit Schulklassen und anderen Gruppen, wie wir sie bereits bei den Safttagen realisieren.
  • Kontinuierliche Arbeit an Projekten mit anderen Menschen/Gruppen/Gemeinschaften, wo Pläne und Erkenntnisse Open Source gehalten werden und sich alles organisch weiterentwickelt. Die Saftstrasse oder Gatschetto , ein Open-Source-Multitool für die landwirtschaftliche Arbeit mit Pferden, sind Beispiele, wo die Mitmachenden die Technik auch selbst benutzen. Das ist für mich der interessanteste Teil.

 

4. Mit welchen Themen seid ihr vornehmlich im Werkstattkontext befasst, und gibt es bereits Zusammenarbeit mit Akteuren oder Netzwerken?

Themen sind die Lebensgrundlagen: Landwirtschaft/Ernährung, Energie, Bautechnik, Transport. Der europäische Markt bietet wenig erschwingliche Technik für kleine Produzenten, CSA (Community supported Agriculture) oder Kleinbauern. Viele Sachen, die es geben müsste, sind schwer erhältlich. Hier möchten wir Open-Hardware-Entwicklungen voranbringen, als Teil eines Netzwerks ähnlicher Initiativen. Wir denken an gemeinschaftsfördernde Technik, die man als Dorfgemeinschaft, Landkommune oder Nachbarschaft gemeinsam baut (z.B. in einer offenen Werkstatt) und nutzt. Also weniger DIY (Do it yourself) und individueller Konsum oder 3D-Druck-Gimmicks, wobei das auch interessant ist. Mittlerweile sind beispielsweise sieben Saftstraßen entstanden, und mit den meisten Orten haben wir guten Kontakt bezüglich der Weiterentwicklung. Das sind alles Gemeinschaftsprojekte. Ebenso das Gerät für die Pferdearbeit, wo dieses Jahr drei weitere für kleine Höfe im Landkreis gebaut werden.

Es gibt Kontakt zu OpenSourceEcology Deutschland, da wünsch ich mir mehr praktisches Zusammenarbeiten. Mit einzelnen Menschen aus longo mai, Coolmühle e.V., Dorfgemeinschaft Klein Hundorf, KanTe (Kollektiv für angepasste Technik), active commons, u.v.m. machen oder machten wir ganz echte, physische "Commons-based-Peer-Production". Meine Partnerin Wibke Seiffert ist sehr aktiv im Neulandgewinner-Netzwerk. Das sind Projekte in den neuen Bundesländern, bei denen es um Erfahrungsaustausch und Visionen für Freiräume und Perspektiven im ländlichen Raum geht. Da sind auch viele Commons-Projekte dabei. Dadurch haben sich auch schon einige Workshops an anderen Orten ergeben. Selbermachen, Gestaltung offener Räume, Wandel gestalten und ähnliche Kontexte, sind dort oft Thema.

Nächste Woche mach ich ein einen Inputworkshop bei der jungen AbL über den Stand der Open Source-Agrartechnik und Selbstbau. Das Thema sickert also auch in tiefere Schichten.

Und natürlich der Verbund Offener Werkstätten. Da wäre es super, wenn Werkstätten untereinander mehr in praktischen Austausch gingen - warum nicht gemeinsam ein Open-Workshop-Construction-Set entwickeln? Das Cowerk-Projekt und das daraus entstehende CoWiki leisten da gute Vorarbeit.

5. Deine/Eure Vision: Das Landkombinat mit seinen Offenen Werkstätten 2030?

Wir sind eine von vielen Werkstätten weltweit, in denen Open Hardware entwickelt und produziert wird und alle sind gut vernetzt und tauschen Ideen aus. Lokal hat sich ein lebendiges Umfeld entwickelt, Leute siedeln weiter in die Gegend, weil es sinnstiftende Aktivitäten, Lernmöglichkeiten, Anknüpfungspunkte an Vorhandenes und Möglichkeiten des Einkommens (solange es das noch braucht) und Auskommens gibt. Werkstatt, Gartenbau, Energiegewinnung, dazu eine Schule, kulturelle Dinge etc. sind eng verknüpft. Ein Kombinat eben. Commonismus und Peer-Production stecken noch in den Kinderschuhen. Wir werden sehen, wohin und wie schnell die Reise geht. Wir werden ein kleiner Baustein davon sein.

Hier das Video zur Eröffnung: