Von Fablabs als Business Inkubatoren

29. Januar 2020 | von Axel Ganz | Telavi/Georgien
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...was macht einen deutscher Fablab-Initiator im Kaukasus?

Mein Name ist Axel Ganz. Ich beschäftige mich seit ungefähr 10 Jahren mit den Themen 3D-Druck und CAD. Inzwischen gebe ich zu diesen Themen Einführungen, Workshops und Seminare für Maker, Schüler und Studierende. Ferner habe ich im Jahr 2011 das Garaglab mitgegründet, das erste Fablab in Düsseldorf, dessen 1. Vorsitzender ich auch heute noch bin. Seit August lebe ich in Georgien, hinter den Bergen, die das Ende Europas markieren, mitten im Kaukasus. Ich wohne und arbeite in einer kleinen Stadt namens Telavi. Die liegt in Kachetien. Das ist ein Weinanbaugebiet im Osten des Landes. Das Klima ist kontinental, im Sommer ist es heiß und trocken, die Winter sind kalt mit Frost und Schnee. Die Georgier sagen, dass sie den Wein erfunden haben und dass hier seit ca. 6000 Jahren Wein angebaut wird. Mindestens. Jedenfalls werden heute wie einst die Trauben nach sehr alter Technik in riesigen Tongefäßen, den Kwevris gekeltert. Stolz schwingt mit, wenn die Georgier über ihren Wein sprechen. Mit Recht, wie ich inzwischen weiß. Mit meinen Fablab-Erfahrungen und Neugier im Gepäck machte ich mich schon bald nach meiner Ankunft auf, um Kontakte zu Georgierinnen und Georgiern zu knüpfen, die Ähnliches wie wir im GarageLab im Sinn haben. Es war nicht schwer in Kontakt zur georgischen Szene zu treten. Aber was ist das, die georgische Szene?

Eine im Herbst 2018 gegründete Filiale sogenannter Tech Parks liegt in unmittelbarer Nähe meiner Telavier Wohnung entfernt. Dort angekommen werde ich nicht nur herzlich begrüßt, sondern stelle auch fest, dass der Wunsch nach internationaler Vernetzung auf Gegenseitigkeit beruht. Vielleicht um so mehr, als das großartige VULCA-Projekt, das den Austausch und die Begegungen zwischen europäischen Fablabs fördern will, nördlich des Kaukasus endet. Die Gegebenheiten in Georgien unterscheiden sich erheblich von denen in Deutschland. Es gibt hier keine unabhängige Maker- oder Fablabszene, keine offenen Werkstätten, wie in vielen europäschen Ländern. Einen Makerspace, der von seinen Nutzern selbst organisiert wird, wie wir das kennen, habe ich in Georgien jedenfalls noch nicht gefunden, was zumindest global gesehen für eine Stadt der Größe von Tbilisi im Jahr 2019 schon ungewöhnlich ist.

Dass das so ist, hat sicher etwas mit der jüngeren Landesgeschichte sowie der geringen Kaufkraft und den großen Improvisationsfähigkeiten der Georgierinnen und Georgier zu tun. Einerseits wird eine Reparaturinitiative anscheindend nur dann benötigt, wenn man es über Generationen nicht mehr gewohnt ist, die alltäglichen Dingem selbst zu flicken und zu reparieren. Andererseits erholt sich das Land nur sehr langsam von der schwierigen Zeit nach Beginn der Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Immerhin gibt es in Georgien seit 2015 eine Reihe von sogenannten Tech Parks. Das sind staatlich initiierte und mit Hilfe von Weltbank-Förderungen finanzierte Fablabs mit angeschlossenem Coworkings Space, hier sogenannte "Bisness Inkubatori". Für georgische Startups sind alle Dienstleistungen der professionell geleiteten Tech Parks gratis. So wird in Georgien seit wenigen Jahren Wirtschaftsförderung betrieben. Man möchte der Abwanderung von Studierenden und Startups ins Ausland etwas entgegen setzen. Außerdem gibt es noch Fablabs an mehreren Universitäten, z.B. in Tbilisi und in Kutaisi im Westen des Landes, die Projekte Studierender unterstützen und in ihrer Ausrichtung europäischen Fablabs ähnlicher sind.

Anfang Oktober stellte ich mich bei den Tech Parks in Tbilisi und in Telavi mit Vorträgen über die deutsche Fablab- und Repair-Café-Szene vor. Anders als die Zentrale in Tbilisi hat die Außenstelle in Telavi das Handicap ihres Standorts. Hier in der georgischen Provinz ist die Hauptzielgruppe nur sehr schwach vertreten. Es gibt so gut wie keine Startups in Kachetien. Kaum jemand in der Stadt kennt überhaupt den Tech Park. Und von den wenigen Leuten mit Ideen gehen die meisten sofort nach der Schule nach Tbilisi. Warum also nicht die Zielgruppe des Tech Parks auf Schüerlinnen und Schüler erweitern?

Auf diesen Gedanken aufbauend, begann ich für Dezember meinen ersten Einführungsworkshop für Schülerinnen und Schüler zu den Themen 3D-Druck und CAD im Tech Park Telavi vorzubereiten, je nach Bedarf in Englisch oder eventuell in deutscher Sprache. Letztere Variante sollte insbesondere Schülerinnen und Schüler ansprechen, die an der 9. Schule in Telavi die deutsche Sprache lernen. Der zweitägige Workshop sollte Schülerinnen und Schüler von 12 bis 18 Jahren ansprechen. In den Vorgesprächen wurde ich darauf hingewiesen, dass man in Georgien eine Veranstaltung anders bewerben sollte als in Europa. Die Schwierigkeit scheint darin zu bestehen, Interessierte, die es auch hier zweifelsohne gibt, zur tatsächlichen Teilnahme zu bewegen. Denn die Spontanität sich zu einer interessanten neuen Veranstaltung einfach mal anzumelden scheint in der georgischen Gesellschaft nicht so verankert zu sein, wie wir das kennen. Es helfen anscheinend nur zwei Instrumente: Das direkte Gespräch und vertrauenswürdige Multiplikatoren. Flyer, Plakate und digitale Netzwerke brächten erstmal gar nichts. Deshalb verstärkte ich in den letzten beiden Wochen vor dem Workshop Anfang Dezember um so stärker meine persönliche Werbung. Dabei wurde ich von Lehrerinnen der 9. Schule Telavis unterstützt. Schließlich war das Interesse auch für mich überraschend groß. Ich konnte am 14. und 15.12. mit insgesamt 22 Schülerinnen und Schülern und mit Unterstützung von Irakli, dem technischen Manager des Tech Parks in Telavi den Einführungs-Workshop 3D-Druck und CAD durchführen.

 

Fazit:

Zahlreiche begeisterte Schülerinnen und Schüler, die nun selbstständig mit 123Design weiterarbeiten und das Thema vertiefen möchten. So war es in Rücksprache mit dem Tech Park Management schnell beschlossene Sache. Ab Februar 2020 werde ich den Workshop für Anfänger und Fortgeschrittene (auch mit Fusion360) im monatlichen Turnus fortsetzen. Die technischen Voraussetzungen dafür sind gut. Es gibt großzügige Workshop-Räume mit 12 Compterarbeitsplätzen inklusive Highspeed-Internetzugang, Autodesk Fusion360 / 3D-StudioMax / 123DDesign / AdobeSuite / Corel Draw sowie zwei 3D-Druckern (Makerbot Mini, FelixPro2) und einen großen Lasercutter. Außerdem gibt es Lego-Mindstorms- und Elektronik-Bausätze und einiges mehr.

Darüber hinaus werde ich im März mit einem Workshop am Fablab der Universität in Kutaisi zu Gast sein, veranstaltet in Kooperation mit dem DAAD. Weitere Veranstaltungen sind in Planung.

Stay tuned...

Axel Ganz, im Januar 2020

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