Wie reparaturfreundlich sind Geräte?

01. März 2019 | von Walter Röhm (CC BY-NC) | Berlin
Neues

Manchmal ist es ärgerlich, dass ein Gerät entsorgt werden muss, weil
- ein kleines Teil defekt ist, das als Ersatzteil nicht nachgekauft werden kann
- dessen Reparatur zu aufwändig ist
- das defekte Gerät beim Auseinanderbau zerstört wird
- zum Öffnen des Gerätes Spezialwerkzeug benötigt wird
- Sicherheitsaspekte dagegen sprechen (elektrische Kriechströme, Thermoschalter, ...)

Schraubverbindungen haben den Vorteil, dass sie leicht lösbar sind und so Reparaturen und Umbau­ten erleichtern. Das ist heutzutage offenbar von vielen Herstellern gar nicht mehr gewünscht. Immer öfter werden spezielle Schraubenkopfformen verwendet, für die es keinen gängigen Schraubendreher gibt. Im Folgenden eine kleine Auswahl:
Kopf-Schlitz, Kopf-Kreuzschlitz, Außen-Sechskant, Innen-Sechskant (Inbus), Innen-Sechsrund (Torx), Außen-Vierkant, Innen-Vielzahn (XZN), Innen-Vierkant (Robertson, in Nordamerika).

Meine bisherige Erfahrung im Repair Café ist, dass folgende Punkte die Reparatur öfter erschweren oder unmöglich machen:
1. Geräte lassen sich schwer auseinander bauen. Oft werden Schrauben mit sehr speziellen Schraub­kopfformen verwendet. Manchmal sind die Schrauben auch versteckt angebracht.
2. Gehäuse werden durch Kunststoffschnappverschlüsse miteinander verbunden, die nicht oder nur mit Spezialwerkzeug zerstörungsfrei gelöst werden können und oft schwer zu finden sind.
3. Die defekten Geräte sind so alt, dass es keine Ersatzteile mehr gibt. Typisch sind z.B. defekte An­triebsriemen in alten Kassettenrecordern oder defekte Ein-Aus-Schalter.
4. Die Geräte sind mechanisch derart komplex und filigran aufgebaut, dass jeder Eingriff die vollständige Zerstörung zur Folge haben kann z.B. Plattenspieler, CD-Player, Kassettenrecorder, Drucker.
5. Jede Reparatur erfordert ein gewisses Knowhow. Da jedes Mal andere Geräte zur Reparatur ge­bracht werden, kann das Knowhow nur langsam wachsen.
6. Elektrische Baugruppen werden durch die moderne Elektronik und Software/Firmware immer kompakter und leistungsfähiger. Eine Fehleranalyse ist ohne spezielle Messgeräte kaum, eine Repa­ratur wie z.B. der Austausch defekter Bauelemente oder Nachlöten nur in seltenen Fällen möglich.

Könnten Geräte reparaturfreundlicher konstruiert werden?
Die Verwendung gängiger Schraubkopfformen würde das Öffnen vieler Geräte erleichtern – aber das bedeutet noch nicht, dass sie dann auch repariert werden könnten. In der Regel halten Küchen­geräte ca. 10 Jahre. Wenn sie nach dieser Zeit defekt werden, gibt es oft keine Ersatzteile mehr.

Viele Hersteller versuchen, das Öffnen der Geräte zu erschweren. Gründe könn­ten sein, dass Kun­den nicht schon vor dem Ende der Gewährleistung die Geräte selbstständig öff­nen oder dass die Be­triebssicherheit beeinträchtigt wird, wenn Laien Geräte zerlegen und mangel­haft wieder zusammen­bauen.

Geräte werden so konstruiert, dass sie vor allem leicht montiert werden können. Schnappverschlüsse sind in der Montage einfacher und billiger als Verschraubungen. Da in der Realität nur relativ weni­ge Geräte repariert werden, würden, wäre die Konstruktion auf leichte Reparierbarkeit optimiert, für den Verbraucher insgesamt höhere Kosten ent­stehen.

Dieser Artikel ist entstanden im Rahmen des Forschungsprojektes Repara/kul/tur.

Repara/kul/tur ist ein inter- und transdisiziplinäres Verbundprojekt mit Partnern aus Forschung und Praxis. Der Verbund wird koordiniert durch das Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) der TU Berlin. Verbundpartner aus der Praxis sind der Verbund Offener Werkstätten e.V. (VOW) gemeinsam mit der anstiftung und dem BUND Berlin. Als weiterer Verbundpartner aus der Forschung gestaltet das Institut für Sozialinnovation e.V. (ISInova) die Begleitforschung und Evaluation des bürgerwissenschaftlichen Prozesses.