Yallah - You all are hackers
Bei „YALLAH- You all are hackers“ handelt es sich um ein internationales Austausch- und Kooperationsprojekt zwischen der Universität Siegen und der Birzeit University im Westjordanland in Palästina. Das Projekt wird durch das DAAD-Programm „Hochschuldialog mit der islamischen Welt“ gefördert und erstmals in 2016 durchgeführt. In zwei Austauschphasen von jeweils vier Wochen besuchen zehn Studierende der einen Universität das jeweils andere Land. Neben dem Kennenlernen von Region, Kultur und Menschen geht es auch darum, gemeinsam an Projekten zu arbeiten, bei denen lokale Problematiken im Vordergrund stehen. Ziel ist die gemeinsame Entwicklung von kreativen und nachhaltigen Lösungsansätzen, bei deren Umsetzung die Studierenden sich auch digitalen Fabrikationsmethoden bedienen, was z.B. im Fab Lab Siegen oder in und um (Hack-/Maker-/*-)Spaces in Palästina geschieht.
Im Rahmen der ersten Austauschphase reisten zehn Studierende und zwei Mitarbeitende der Universität Siegen in diesem April gespannt und voller Erwartungen ins Westjordanland. Nach einer ersten Orientierungsphase mit vielen neuen Eindrücken entwickelten alle Studierenden beider Unis zusammen im Brainstorming die Projektgruppen, die sich den verschiedenen Problemen und möglichen Lösungen widmeten.
Eine Projektgruppe beschäftigte sich zum Beispiel mit dem Computerclub im Flüchtlingscamp „Al-Amari“, der einerseits den interkulturellen Austausch zwischen Palästinensern und Flüchtlingen vor Ort fördern soll, andererseits eine kollaborative und spielerische Ergänzung zu den begrenzten Bildungsangeboten in Flüchtlingscamps bietet. Der Club wurde bereits im Jahr 2013 im Rahmen von Forschungsarbeiten für das Projekt come_in aufgebaut. Die Studierenden kümmerten sich zunächst darum, die Infrastruktur vor Ort instand zu setzen und mit den vorhandenen Mitteln neue Workshop-Ideen zu entwickeln. Im Anschluss wurden mehrere Workshops mit Kindern durchgeführt, in denen diesen einfache Grundlagen der Elektrotechnik vermittelt wurden, so dass sie direkt selbst erste eigene Schaltkreise aufbauen konnten. Auch nach der ersten Austauschphase werden die Workshops vor Ort immer noch weitergeführt.
Eine weitere Projektgruppe, die sich dem im Mittleren Osten (wie in so vielen Teilen der Welt) häufig zu findenden (Plastik-)Müllproblem widmete, entwickelte unter anderem erste Prototypen von essbarem Besteck aus Teig und führte eine Studie zum Plastiktüten-Verbrauch in Supermärkten durch. Ein anderes Projektteam baute unter dem Titel „Urban Gardening“ einen kleinen Garten im Flüchtlingscamp auf, für den unter anderem auch Plastikflaschen als Gießkannen und Pflanzgefäße recycelt wurden. Die einzelnen Gruppen bedienten sich in ihren Projekten immer wieder an Prinzipien der Hacker- und Makerkultur.
Doch auch außerhalb der Projekte gab es weitere Berührungspunkte mit der Hacker- und Makerkultur sowie mit digitalen Fabrikationsmöglichkeiten vor Ort. So nahmen die Studierenden an einem Arduino-Workshop im ersten palästinensischen Hackspace Vecbox teil. Außerdem veranstalteten Studierende und MitarbeiterInnen aus Siegen, die zur Zeit auch aktiv am Aufbau unseres Fab Labs beteiligt sind, mehrere 3D-Druck-Workshops an der Universität, bei dem nicht nur Grundlagen des 3D-Drucks vermittelt wurden, sondern die Teilnehmenden gemeinsam eigene erste 3D-Modelle gestalteten und druckten. Als Voraussetzung zur Durchführung des Workshops wurde auch der verfügbare 3D-Drucker gemeinschaftlich gewartet und instand gesetzt. In diesem Zuge konnten die Hochschulpartner der Uni Siegen einen Professor vor Ort auch beim Kauf eines neuen 3D-Druckers beraten.
In den vier Wochen vor Ort haben die Studierenden viel erlebt. Einen bleibenden Eindruck hinterließen insbesondere die starken Gegensätze zwischen Innovation und Tradition, die vor Ort gelebt werden. So pflügte zum Beispiel ein Pferd ein Feld direkt neben dem Hackspace, in dem innovative Technologien wie 3D-Drucker genutzt werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Trend zu Innovationen über eine community-orientierte Hacker- und Makerkultur - wie an vielen Orten der Welt - auch in Palästina erkennbar ist. Die Entwicklung, Ausarbeitung und Verbreitung dieser Trends, die letztlich auch viel mit Selbstbestimmung zu tun haben, wird jedoch immer wieder vor große Herausforderungen gestellt. Yallah ist ein Puzzleteil von vielen in der Etablierung globaler Kooperationen auf Augenhöhe, in denen Kreativität, Selbstbestimmung und das Nutzen (digitaler und verteilter) Fabrikationsmethoden wichtige Rollen spielen. Im August beginnt die zweite Austauschphase, die in Deutschland stattfindet und während der die Studierenden ihre Lösungsansätze auch bei uns im Fab Lab weiterentwickeln wollen. Ausführliche Berichte über die Erfahrungen während des bisherigen Austausches könnt ihr im Blog des Projektes nachlesen.
Mehr über weitere regionale und internationale Kooperationen des Fab Labs lest ihr hier.
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